Interview mit
Stadträtin Wiebke Richter
Interview mit Stadträtin Wiebke Richter
Bitte stellen Sie sich kurz vor und sagen Sie uns, wie Sie zur Politik gekommen sind?
Ich bin 51 Jahre alt und wohne seit inzwischen über 30 Jahren hier in Regensburg. Ursprünglich komme ich aus Rendsburg in Schleswig-Holstein und bin nach dem Abitur 1988 zum Studieren nach Regensburg gekommen. Ich arbeite als Diplom-Psychologjn in einer Beratungsstelle für behinderte Menschen und lebe selbst mit einer angeborenen Körperbehinderung. Ich bin Rollstuhlfahrerin, Tag und Nacht auf Assistenz angewiesen und weiß aus eigener Erfahrung, wie man mit einer Behinderung in Regensburg so zurechtkommt. Ich war schon immer sehr aktiv in verschiedenen sozialen Vereinen und habe mich für sozial benachteiligte Menschen eingesetzt. Eigentlich war ich also schon immer sozialpolitisch engagiert, bin aber erst 2014 dann den Grünen beigetreten in der Hoffnung, mit Parteipolitik mehr erreichen zu können. Ich freue mich sehr über das breite Spektrum an Themen, für die ich mich bei und mit den Grünen einsetzen kann. Es geht um unser soziales Zusammenleben, um Verkehrspolitik, um Ökologie und Klimaschutz, Um Gleichstellung und Frauenrechte und vieles mehr. Und eigentlich hat alles irgendwie auch mit Inklusion und Barrierefreiheit zu tun.
Welche Aufgaben haben Sie als Stadträtin?
Der Stadtrat ist von den Bürger*innen dafür gewählt worden, alle Entscheidungen der Stadtverwaltung, deren Chefin die Oberbürgermeisterin ist, mit zu tragen. Als Stadträtin bin ich Mitglied Von mehreren Ausschüssen, Verwaltungs- und Aufsichtsräten für die verschiedenen Organe der Stadt. Innerhalb unserer Fraktion haben wir uns die Themen etwas aufgeteilt, ich selbst kümmere mich vor allem um Soziales, Bildung und Kultur. Deshalb bin ich Mitglied im Sozialausschuss, im Bildungsausschuss, im Kulturausschuss, im Ausschuss der evangelischen Wohltätigkeitsstiftung sowie im Verwaltungsrat des Seniorenstifts Kumpfmühl, des Stadttheaters, des Naturkundemuseums und mehrerer Schulen im Regensburger Westen. All diese Gremien halten regelmäßig Sitzungen ab, an denen ich teilnehme, sie inhaltlich mitgestalte und mitentscheide. Ich bin außerdem Ansprechpartnerin für verschiedene soziale und Kulturelle Vereine und Gruppierungen.
Welche Themen sind Ihnen besonders wichtig?
Mein Herz schlägt natürlich besonders für Inklusion und Barrierefreiheit, allein schon aufgrund meiner eigenen Betroffenheit. Ganz wichtig sind mir aber auch das Thema Integration von Geflüchteten und Migrant*innen sowie die Gleichstellung von Frauen. Besonders Frauen mit Behinderung und Frauen mit Migrationshintergrund sind in unserer Gesellschaft mehrfach benachteiligt. Ich wünsche mir eine bunte und kulturell vielfältige Gesellschaft, in der wir alle gleichberechtigt leben können und die gleichen Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben haben.
Sie sind die erste Stadträtin im Rollstuhl in Regensburg. Was möchten Sie für Menschen mit Behinderung erreichen?
Ich möchte in den nächsten Jahren die Barrierefreiheit in Regensburg vorantreiben und zumindest erreichen, dass alle Veröffentlichungen und Schreiben der Stadt in leichter Sprache zur Verfügung stehen. Außerdem will ich erreichen, dass die städtische Homepage vollständig barrierefrei wird, damit alle Bürger*innen gleichberechtigt teilhaben können. Ich werde mich dafür einsetzen, dass alle Veranstaltungen und Angebote in Regensburg inklusiv werden. Dazu gehören auch Theaterstücke, Vorträge etc mit Übersetzung in leichte Sprache und in Gebärdensprache, sowie keine öffentlichen Veranstaltungen mehr in nicht rollstuhlzugänglichen Räumen. Es sollen nur noch inklusive Aktionen und Veranstaltungen von der Stadt finanziert werden, Was nicht im Sinne der Inklusion geplant ist, soll von der Stadt kein Geld bekommen. Damit werden kulturelle und andere Veranstalter*innen gezwungen, inklusiv zu denken und alle Menschen teilhaben zu lassen. Ganz wichtig ist mir außerdem, alle Hilfsangebote für Frauen in Regensburg auch für Frauen mit Behinderung zugänglich zu machen. Viele von ihnen sind nicht barrierefrei nutzbar, das will ich endlich ändern.
Wie kann man Sie am besten erreichen, wenn man Fragen oder Anliegen hat?
Am besten über E-Mail, meine Emailadresse ist . Man kann mich aber auch anrufen Tel. 0179-5190228.
Haben Sie ein Motto?
Mein Motto, das mich ständig antreibt, habe ich von der Empowerment-Bewegung behinderter Frauen übernommen, es lautet Einmischen! Mitmischen! Ich finde es sehr wichtig, dass wir Menschen mit Behinderung und besonders Frauen mit Behinderung laut und sichtbar sind und uns in der Gesellschaft für unsere Belange stark machen. Das ist gesellschaftliche Teilhabe in allen Bereichen. Ohne uns geht es nicht, wir sind ein großer Teil dieser Gesellschaft und Stehen für unsere Belange ein. Deshalb wollen wir überall teilhaben und mitentscheiden.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Ich wünsche mir, dass Menschen mit Behinderung überall sichtbar und in allen Parlamenten vertreten sind. Wir wollen unsere Gesellschaft in allen Bereichen mitgestalten und überall mitentscheiden, damit das Leben inklusiv wird und gleichberechtigte Teilhabe irgendwann eine Selbstverständlichkeit ist.